Border

Ein Besuch der National in Birmingham ist jedes Jahr ein neues Erlebnis, wobei für mich nicht das Betrachten der Ausstellungsvögel das »highlight« darstellt, sondern die Atmosphäre, die wohl einzigartig ist.

Beim Beschauen der so genannten britischen Positurrassen habe ich festgestellt (und dieser Trend zeichnet sich schon seit Jahren ab), dass wir Zwischenzeitlich bei vielen Rassen, was die Qualität angeht, mithalten können bzw. schon bessere Tiere (z. B. bei Crested/Crestbred) haben. Von dieser Entwicklung muss ich den Border ausnehmen, hier können wir einfach noch nicht mithalten. Ich verkenne nicht, dass wir in Deutschland hervorragende Border (in der Regel englische Abstammung) haben, nur was die Qualitätsbreite in der Spitze angeht, können wir uns mit England nicht vergleichen.

Besonders gespannt war ich auf die Ausstellungsborder der absoluten englischen Ausnahmezüchter Phil Warne und Barnett & Chandler gewesen, da diese sich in den vorausgegangenen Ausstellungen der Spezialclubs ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert hatten. Aber leider hatte nur die Barnett & Chandler partnership ausgestellt (die auch den besten Border und besten Kanarienvogel der Schau stellten), Phil Warne hatte zwar gemeldet, aber keine Vögel zur Ausstellung gebracht, was zu zahllosen Spekulationen führte.

Ich werde häufig gefragt, worauf der Erfolg dieser Spitzenzüchter, die schon jahrelang in der Rasse führend sind (im Falle des legendären Phil Warne kann man schon sagen, Jahrzehnte) zurückzuführen ist. Einmal ist es natürlich die absolute Spezialisierung (worauf ich später noch eingehe) verbunden mit einem ausgeprägten züchterischen Können, zum anderen ist es sicherlich das kommerzielle Element, da die Genannten alle mehr oder weniger von der Borderzucht, d. h. dem Verkauf leben (die Preise sind mittlerweile auch ins astronomische gestiegen) und Zeit investieren können. Das heißt, es werden nicht nur große arbeitsaufwendige Zuchten unterhalten, sondern auch überwiegend die Ausstellungen der Border-Spezialclubs, von denen es mehr als ein Dutzend gibt, mit Schauteams, die zum Teil 30, 40 und mehr Vögel umfassen, beschickt.

Zurück zur Eingangsbemerkung. Die Antwort auf die Frage, warum die Qualität bei den Bordern in England so breit angelegt ist, lautet schlicht und einfach, und dies ist im Kanarienfreund auch schon mehrfach angesprochen worden, eben die Spezialisierung Und dieser Begriff zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Hobby: Spezialzucht – Spezialclub – Spezlalschau – Spezialkäfig – Spezialzuchtrichter.

Beginnen wir mit der Spezialzucht. Es ist auf der Insel üblich, dass man sich nur mit einer Rasse (Ausnahmen bestätigen die Regel) beschäftigt und diese Konzentration zeitigt naturgemäß bessere Ergebnisse, da man sich nicht verzettelt. Ohnehin sind die englischen Zuchtanlagen, die sich meist in einem Gartenhäuschen aus Holz befinden, selten auf Mammutzuchten ausgelegt, auch wenn die Zahl der Käfige manchmal diesen Eindruck erweckt. Viele Käfige dienen aber nur der Einzelhaltung der Zuchthähne und werden für das Absetzen der Jungvögel vorgehalten. Volieren findet man selten und die Käfighaltung fördert den engen Kontakt zwischen Vogel und Züchter.

Organisiert ist man neben seinem örtlichen Club, der in der Regel alle Sparten (Kanarien, Exoten, Sittiche, Einheimische etc.) abdeckt, in einem oder mehreren Spezialklubs, die sich auch nur um diese Rasse (Ausnahme Spezialclub für alte Rassen/old varieties) intensiv bemühen. Für viele Züchter ist dann auch die jährliche Schau des Spezialclubs, auf der man dann zwischen 500 und 1500 Border bewundern kann, der Schauhöhepunkt des Jahres. Die National hat dann häufig für manche Züchter nicht mehr diesen Stellenwert.

Ausgestellt werden die Border in einem eigenen Spezialkäfig nämlich dem so genannten Dewar-Käfig (bekannt nach dem Erbauer des Prototyps) und hier haben wir, nachdem sich vorfahren die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass dieser Käfig dem Border auf den Leib geschnitten ist, nachgezogen und stellen mittlerweile in einem ähnlichen Käfig aus. Hierzu muss ich allerdings einen Exkurs machen. Ich finde es schade, dass dieser Käfig eine Schublade hat, die in meinen Augen diesen nur teurer, schwerer und umständlicher macht. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Schublade irgendwann verzieht oder durch Körner und Bodenbelag verklemmt, so dass sie sich nur noch mit Brachialgewalt herausziehen lässt. Irgendwann reinigt man dann diesen Käfig wie die Engländer ihren, d. h man weicht ihn mit Schublade kurz ein und reinigt ihm mit einer langstieligen Bürste und damit hat sich die Schublade ad absurdum geführt. Ebenso ärgerlich ist in meinen Augen, dass viele immer noch nicht ihre Lektion in Bezug auf die Sitzstangen gelernt haben. Die Sitzstange muss vom Umfang her dem Borderfuß angepasst sein (ideal wäre die in England verwendete Sitzstange mit umlaufender Einkerbung, die dem Vogel optimalen Halt verleiht) und der Abstand zwischen den Sitzstangen soll sechs freie Stäbe und nicht mehr und nicht weniger betragen,

Nun zu den Spezialrichtern. Man stellt in England als Anfänger mehrere Jahre in der so genannten Noviceklasse aus und steigt dann, unbeschadet wie erfolgreich oder -los man war, in die Championstufe auf. Hier kann man dann, wenn man weitere (drei bis fünf Jahre in dieser Stufe absolviert und mit Erfolg ausgestellt hat auf Antrag an einen Spezialclub panel judge (Zuchtrichter) werden. Dieses System hat den Vorteil, dass der panel judge aufgrund seiner langjährigen Kennerschaft der Rasse als Züchter und Aussteller, ein Auge für diese Rasse entwickelt haben muss. Allerdings ist solch ein Spezialzüchter in der Regel auch auf seine Rasse fixiert, »Allrounder« sind seltener anzutreffen.

Übrigens werden für die Nationals die Zuchtrichter von den Spezialclubs aufgrund der Voten ihrer Mitglieder vorgeschlagen. Wir sollten auch bei uns versuchen, hier neue Wege einzuschlagen.

Nun schwenke ich noch einmal auf die Borderzucht in Deutschland zurück. Wie vorstehend erwähnt, haben wir aufgrund vieler Kontakte nach England und dem benachbarten Ausland in Deutschland gute Border. Allerdings fehlt in meinen Augen die große Vergleichsmöglichkeit um festzustellen, wo wir wirklich stehen. Es gibt mittlerweile@ Vereine oder Organisationen, die sich intensiv um den Border kümmern, ich nenne hier an erster Stelle Schortens, wo Anfang Oktober viele gute Border zu sehen sind oder Steinfurt, wo Mitte Oktober eine Kurzausstellung stattfindet und nicht zu vergessen Mönchengladbach, wo ein Spezialclub ins Leben gerufen worden ist und Ende Oktober eine Spezialschau für Border und Fife stattfindet. Daneben haben wir auch bei »Dompfaff Köln« immer dann, wenn wir englische Zuchtrichter einladen, eine stattliche Anzahl von Bordern zu verzeichnen und last not least gibt es auch im südlichen Deutschland Aktivitäten (Alsbach-Hähnlein). Aber in meinen Augen fehlt die große nationale Schau für alle Borderleute, in der ausschließlich Border zu sehen sind, denn die vorstehend genannten Ausstellungen sprechen in der Regel nur ein bestimmtes Einzugsgebiet oder einen festgelegten Beschickerstamm an und haben mehrere Standbeine (sprich Rassen), wodurch sich dann die Aufmerksamkeit verteilt.

Nun haben wir doch die AZ-Bundesschau und die DKB-Meisterschaft wird manch einer sagen, aber hierzu ist festzustellen, dass nicht alle Borderzüchter Mitglied und Aussteller in beiden Organisationen sind und es auch hier für manchen Züchter Ausstellungshemmnisse wie Jahreszeit, Schaudauer und Organisationsform etc. gibt. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn wir es schaffen würden, in einer zentralen regionalen Lage zu einem Termin (November?) der nicht mit anderen Kanariengroßveranstaltungen kollidiert, eine nationale Border-Mannschaft mit qualifizierten Preisrichtern auf die Beine zu stellen. Erst dann wissen wir, wo wir tatsächlich mit unserer Rasse angelangt sind. Ob dies ein frommer Wunsch bleibt, liegt an uns Borderzüchtern. Ich würde mich freuen, zu meinen Ausführungen ein »feed-back« zu erhalten.

Literaturnachweise, Cage & Aviary Birds

 Werner Kolter