Border in Schottland
Auf der Spezialschau in Mainz 1997 für die schottischen Kanarienrassen Border, Fife und Scotch, die erstmals von Zuchtfreund Dr. Dietmar Steinmetz organisiert worden war, hatte ich die schottischen Preisrichter Jim Stewart und Andy Garvie kennen gelernt. Die Chemie zwischen uns stimmte und in der Folgezeit entwickelte sich ein reger Briefwechsel und Gedankenaustausch. Sogar einige schottische Border kamen über meine englischen Kontakte via Kent nach Deutschland.
Auch bestand eine Einladung von Andy Garvie, ihn einmal in Stirling in den Scottish Lowlands zu besuchen, aber dies ließ sich aufgrund der erheblichen Entfernungen bei meinen Englandbesuchen nie realisieren. Doch im letzten Sommer war es dann so weit – eine Großbritannienreise war angesagt. Nach einem mehrtägigen Besuch der Cotswolds (Gloucestershire) mit seinen herrlichen alten Dörfern wie Bourton-on-the-Water, Moretonin-Marsh, The Slaughters (übrigens Wohnort der lebenden Borderlegende Phil Warne), um nur einige zu nennen, ging es über Derbyshire und den Lake District nach Schottland.
Die Begrüßung durch Andy war sehr herzlich und die schottische Gastfreundschaft ist schon außerordentlich. Wir verbrachten ein paar traumhafte Tage, denn auch die Sonne spielte mit und bei schönem Wetter ist Schottland einfach ein Paradies.
Natürlich war auch der Besuch bei einigen Borderzüchtern angesagt und neben der Zuchtanlage von Andy, der nur eine kleine (aber feine) Borderzucht hat, besuchte ich den Zuchtraum von Jim Stewart, der neben seinen Bordern (Spezialität cinnamon) auch noch einige Fife hält. Dass ein Züchter noch eine zweite Rasse hat, ist eher die Ausnahme, die meisten Borderzüchter haben nur »ihre Rasse«. Aber Border und Fife sind natürlich »kompatibel«, da sie stammesgeschichtlich eng verzahnt sind und den gleichen Ausstellungskäfig (Dewar) haben.
Übrigens ist es auf der Insel üblich, seine Vögel in einem mehr oder weniger großen Gartenhaus (in der Regel aus Holz) zu halten und zu züchten, wobei oftmals keine Heizung vorhanden ist. Ich habe auch schon vereinzelt Anlagen ohne elektrisches Licht gesehen. Man geht eben mit der Natur! Ein besonderes Highlight stellte dann der Besuch bei dem bekannten Züchter Bill Tracey (Tracey & Aitchinsons partnership) dar, der eine sehenswerte Zuchtanlage besitzt. Seine Border waren von hoher Qualität, auch wenn nicht alle Vögel aufgrund der Mauserzeit (Ende August) in Topkondition waren. Aber er stellte mir einige Vögel im Schaukäfig vor und es war offensichtlich, dass einige der feinsten Blutslinien der Insel sich hier versammelt hatten.
Es ist schon beeindruckend, wie intensiv sich die Züchter mit ihren Lieblingen befassen, der Vogel wird nicht als Gesamtbild gesehen; jedes Detail wie Gefiederstruktur, Farbe, Beinlänge, Stand, Schwanzhaltung etc. wird diskutiert und bei allem wird die Liebe zum Wesen Vogel erkennbar.
Und dies macht aus meiner Sicht oftmals auch den Unterschied zu uns aus. Viele Züchter in Deutschland spezialisieren sich nicht und halten zu viele Rassen und auch Vögel. Und das Hobby (auf Deutsch - die Liebhaberei) findet nicht in dem ihm zustehenden Rahmen statt.
Weniger ist oft mehr!
P.S. Wir haben Andy Garvie gebeten, anlässlich der Internationalen Offenen Jubiläumsausstellung des Dompfaff Köln am 26./27. Oktober 2002 die Border zu bewerten.
Werner Kolter